Folge 6 – Urban Mayer
In unserer 6.Ausgabe des Legendentalks reisen wir wieder zurück in die 80er Jahre.
SVA:
Hallo Urban Mayer, in den 80er Jahren warst du DER Mittelfeld Stratege beim SVA.
Du bist ein waschechtes Allensbacher Eigengewächs. Bis zur B-Jugend trugst du unser Blau-Gelbe Trikot. Die wichtigste Frage vorneweg. Warum nannten dich deine Eltern Urban? Hat das was mit den Reichenauern zu tun?
Urban:
Ganz genau sagen kann ich es nicht. Ich denke es war ein Konglomerat aus Glauben und Hobby meines Vaters.
Ein Großonkel von mir war Meßmer in der katholischen Kirche in Allensbach und logischerweise sehr gläubig. Im Hauptschiff der katholischen Kirche steht auf der linken Seite der heilige St. Urban mit Trauben in der Hand. Der heilige St. Urban ist der Patron der Winzer und mein Vater war Hobbywinzer. Passend dazu bin ich im Oktober geboren. So dürfte die plausibelste Erklärung lauten.
SVA:
Wer waren denn in der Jugend so deine Mitspieler?
Urban:
Da ich nur bis einschließlich zur C-Jugend in Allensbach gespielt habe, alle diejenigen, die sich jeden Tag auf dem Sportplatz eingefunden haben. Beispielhaft „Jufu“ Enz, Egbert „Zapfe“ Karrer, Horst Wedele, Thomas Fröhlich, Michael Dargel also bunt gemischt und nicht alle sind bis zum Ende der Jugend dabei geblieben.
SVA:
Irgendwann hatte sich das große Talent auch außerhalb Allensbachs rumgesprochen.
Es folgte der Wechsel zum FC Konstanz, bei dem du in der B und A-Jugend sowie 2 Jahre Aktiv spielen durftest. Warum schließlich der Wechsel 1980 zurück?
Urban:
In der ganzen Zeit in Konstanz, hatte ich mal ausgerechnet, hatten wir gerade 6 Wochen im Jahr fußballfreie Zeit. Ansonsten Vorbereitungsspiele, Trainingslager, (internationale) Turniere etc.. Im zweiten B-Jugend-Jahr gab es zeitgleich disziplinarische Probleme mit ein paar A-Jugendspielern. Die B- und A-Jugend wurden von einem Trainer, Wolfgang Weiß, trainiert. Um den „Rebellen“ eins auszuwischen, holte er drei Spieler vom älteren B-Jugend-Jahrgang hoch in die A-Jugend unter anderem meine Person. Das hieß dann, dreimal Training die Woche und Spiele am Samstag und Sonntag also fünfmal Fußball pro Woche parallel noch Gymnasium in Radolfzell.
Im zweiten A-Jugend-Jahr bekamen wir drei wieder eine Ausnahmegenehmigung für Einsätze in der 1. Mannschaft d.h. es ging ähnlich weiter.
Es war eine großartige Zeit, aber im Jahr 1980 fing ich mit meinem Studium in Karlsruhe an. Der FC Konstanz macht mir den Vorschlag, dass ich unter der Woche in Karlsruhe beim KSC mittrainiere und am Wochenende dann in Konstanz weiterspiele. Der FCK hatte damals Kontakte zum KSC über wen auch immer.
Neben meiner optimistischen Grundhaltung war und bin ich auch Realist und wusste, dass der Traum vom Profifußballer für mich unrealistisch war und das „Taschengeld“ in der damaligen 1. Amateurliga kein Anreiz war, weiter in der Intensität Fußball zu spielen.
Deshalb die Entscheidung klar pro Studium. In Karlsruhe spielte ich in der Uniauswahl und konnte mich dort bei wesentlich weniger Trainingsaufwand einigermaßen fit halten, um dann beim SVA am Wochenende auflaufen zu können. Dies war auch nur (halbwegs) sinnvoll, weil mein Mitbewohner in Karlsruhe, Thomas Fröhlich, ein sehr guter Tischtennisspieler war und auch jedes Wochenende an Bodensee fuhr.
SVA:
Was machte die damalige Allensbacher Mannschaft aus?
Urban:
Ich habe das Interview von „Jufu“ Enz gelesen. Er hat da schon viel „ausgeplaudert.“ Es ist das immer gleiche Erfolgsrezept im Fußball und im Mannschaftssport allgemein, egal ob unterste oder höchste Klasse. Die Mannschaft muss menschlich zusammenpassen und daraus resultiert die Einstellung und Bereitschaft, dass der einzelne Spieler die Fehler des Mitspielers versucht auszugleichen. Dies war damals der Fall. Das hat sicher auch damit zu tun, dass, ähnlich wie mit dem Damenhandball zur damaligen Zeit, ein großer Teil der Mannschaft direkt aus Allensbach und der unmittelbaren Umgebung stammte. Dies erzeugt dann dieses „mir- san- mir“ -Gefühl und die lokale Verbundenheit.
SVA:
Auf welchem Fußballplatz hast du immer sehr gerne gespielt?
Urban:
Da gab es auf irgendeinen Ort bezogen für mich keine Präferenzen. Am liebsten die gut gepflegten ebenen Plätze, wo ein technisch geprägter Spielstil möglich war.
SVA:
Und wo bist du nie so gerne hingefahren ?
Urban:
Bezogen auf die vorherige Antwort natürlich die „Kartoffeläcker“. Mir fällt spontan jetzt kein besonders übler Acker ein, aber es gab sie damals schon.
SVA:
Was war dein wichtigstes Spiel mit dem SVA?
Urban:
Aus meiner Sicht das Spiel in Dingelsdorf in der Saison 1989/90. Wir hatten einen guten Start in die Saison aber auf den Winter hin, haben wir viele Punkte liegen lassen und die Tabellenführung war passé. Nach der Winterpause kamen wir wieder in Schwung, aber Dingelsdorf gab sich keine Blöße. In Dingelsdorf kam es dann zum direkten Duell, das wir souverän mit 3:0 gewannen. Letztendlich war dieser Sieg der Grundstock dafür, dass wir mit einem Tor Unterschied die Meisterschaft erringen konnten.
SVA:
Man hört heute noch von Legenden wie Manfred Losavio oder Thomas Streibert, das du für sie der kompletteste Spieler beim SVA warst und das du dich sehr oft mit den Jungen beschäftigt hast und sie zu dir aufgeschaut ( obwohl nicht der Größte) haben.
Sowas hört man gerne oder ?
Urban:
Ja, das stimmt. Mich hat am meisten das Kompliment der beiden gefreut hinsichtlich der menschlichen Komponente (ihr habt ein Bier gut). Es war tatsächlich mein Bestreben, den Jungen Hilfe zu geben, in der erwachsenen Fußballwelt möglichst schnell Fuß fassen zu können. Der Übergang als Stammspieler von der A-Jugend zu den Aktiven schafft nicht jeder auf Anhieb, weil anfänglich die Leistungen zu schwankend sind. Hier gilt es die Jungen zu unterstützen, damit sie nicht an schlechten Tagen ewig mit sich hadern. Bezogen auf die technischen Fähigkeiten, hatte ich mit Wolfgang Weiß in Konstanz einen großartigen Jugendtrainer, der selbst in der Amateurliga gespielt hatte und von dem ich sehr viel lernen konnte. Diese Erfahrung wollte ich einfach weitergeben.
Einer der Jungen, der mich nicht gelobt hat, muss jetzt hinsichtlich einer kleinen Anekdote dran glauben. Zu den oben erwähnten zwei gab es u.a. auch Stefan Hölzle ( Henne . Ihm musste ich erklären, dass man auch Tore schießen kann, wo der Ball das Tornetz berührt. Er brachte es tatsächlich fertig und ich glaube das mehr als einmal, sonst wäre mir das nicht in Erinnerung geblieben, dass der Ball gerade so über die Linie trudelte, ohne das Tornetz zu berühren.
SVA:
Kannst du dich noch an den Allensbacher Aufstieg ( 1988 ) in die Bezirksliga Bodensee erinnern? Wo wurde gefeiert? In Wehrles Weinstube dem heutigen Asia Wok?
Urban:
Der Aufstieg in die Bezirksklasse in der Saison 1988/89 ist mir nicht mehr so sehr in Erinnerung, weil er nicht so dramatisch verlaufen ist, wie der in der oben geschilderten Saison. Ich weiß nur noch, dass wir im letzten Spiel gegen RW Salem gewinnen mussten, dann hätte Meersburg mit ca. 10 Toren Unterschied im Parallelspiel gewinnen müssen. Das Spiel gewannen wir mit 2:0, aber es war ein einziger Krampf
Wir Fußballer haben i.d. Regel im Clubheim gefeiert während die Handball-„Hühner“ im WW zu Hause waren. Genau weiß ich das nicht mehr. Hängt aber eher mit dem Alter als mit dem damals vertilgten Alkohol zusammen.
SVA:
Wer waren für dich deine 3 besten Spieler mit denen du je zusammengespielt hast?
Urban:
Hier muss ich, sorry SVA, nach Konstanz ausweichen. Technisch gesehen Meinrad Demmler und Uwe Egelkraut.
Meinrad war bei uns in der A-Jugend im Mittelfeld eingesetzt. Ohne Unterschied beidfüßig und elegant in seinem Spielstil. Er schaffte es damals in den 64iger Kader beim DFB als A-Jugendlicher. Problem bei ihm war, dass ein etwas härter spielender Gegenspieler ihm schnell den Schneid abkaufte.
Uwe schaffte es damals in die A-Jugendnationalmannschaft und absolvierte dort ca. 5-6 Länderspiele. Er spielte auf der Position des Vorstoppers sowohl im Verein wie auch in der Nationalmannschaft. Schnell, robust im Zweikampfverhalten und auch technisch beschlagen. Er hatte zum damaligen Zeitpunkt drei Angebote von Bundesligisten (Schalke 04, VFB Stuttgart und Eintracht Braunschweig) vorliegen, konnte sich aber nicht vom schönen Bodensee trennen, obwohl wir Mitspieler ihm zugeredet hatten diese Chance zu nutzen.
Wenn ich jemand dritten nennen muss, dann fällt mir eher ein Gegenspieler ein. Er hieß Karl-Heinz Bührer vom FC Freiburg. Damals war der FC sowohl in der Jugend wie auch mit den aktiven Mannschaften höher platziert als der SC Freiburg. Er war Rechtsaußen, ich aushilfsweise auch mal Verteidiger. Es konnte sein, dass er acht-, neunmal auf mich zulief, genauso häufig hängen blieb aber beim zehnten Mal dann doch vorbeikam. Ein Selbstbewusstsein vor dem Herrn. Er schaffte es dann auch in die Bundesliga und spielte dort für den Waldhof Mannheim.
Und wenn mir schon keine drei Spieler einfallen, dann möchte ich an dieser Stelle unseren langjährigen Trainer Pirmin Böhler erwähnen. Ich kannte ihn schon vom FCK als er selbst noch spielte. Soweit ich mich erinnere, verletzte er sich in Konstanz am Knie, beendete seine Fußballkarriere und wechselte auf den Trainerposten.
Er hat uns in Allensbach, glaube ich, so ca. 8 Jahre trainiert. In diesen 8 Jahren mit jeweils zwei Trainingseinheiten pro Woche haben wir nicht eine Übung zweimal gemacht. Großes Kompliment, weil ich das im aktiven Bereich auch anders erlebt habe. Sicher etwas überspitzt formuliert aber im Grunde richtig.
SVA:
Mit wem hättest du gerne mal zusammengespielt ?
Wer war früher dein Vorbild ?
Urban:
Ich kann jetzt die ganze damalige Fußballnationalmannschaft aufzählen, aber das wäre zu anmaßend.
Vorbilder waren Günter Netzer und Wolfgang Overath, die damaligen Protagonisten im Mittelfeld.
SVA:
Nach dem erneuten Bezirksliga Aufstieg 1990 war deine Zeit beim SVA dann vorbei. Was waren die Gründe dafür ?
Urban:
Ausschließlich berufliche Gründe. Ich bekam ein Angebot meines damaligen Chefs, Kurt Motz (auch ein Ur-Allensbacher) und wir zogen nach Illertissen um. Dort ging ich zum FV Illertissen, der heute in der Regionalliga Bayern und damals in der Landesliga spielte. Beim Pokalspiel gegen den SSV Ulm knickte ich um und zog mir einen dreifachen Bänderriss im Sprunggelenk zu. Nach der Reha spielte ich noch ca. ein Jahr weiter beendete dann aber meine aktive fußballerische Karriere. Ich ließ mich dann nochmals überreden in der AH mitzuspielen aber als ich mir im Training einen Kreuzbandriss „abholte“, hängte ich die Fußballschuhe endgültig an den berühmten Nagel.
SVA:
Verfolgst du den SVA noch in der Ferne und wann warst du zuletzt in Allensbach auf dem Sportplatz?
Urban:
Ich lese regelmäßig das „Blättle“ im Internet. Alles, was da über den Fußball geschrieben lese ich natürlich. Dann frage ich mich, wenn mal wieder ein mir bekannter Nachname auftaucht, ist das ein Sohn meines damaligen Mitspielers (oder schon der Enkel).
Über die Jahre hinweg waren meine Aufenthalte fast ausschließlich auf Termine unter der Woche beschränkt. Somit hatte ich nicht die Möglichkeit Spiele anzuschauen.
SVA:
Was wünschst du dem SVA für die Zukunft ?
Urban:
Generell wünsche ich dem gesamten SVA alles Gute für die Zukunft. Vor allem, dass auch zukünftig viele Jugendliche sich dem Verein anschließen. Ich war hier in Illertissen lange Jahre Mitglied im TSV Illertissen, ein Verein mit ca. 2000 Mitgliedern und Vorstand in der dazugehörigen Tennisabteilung. Leider habe ich den Eindruck gewonnen, dass immer weniger Menschen sich an Vereine binden wollen. Das finde ich schade, weil ein Verein, über alle sozialen Schichten hinweg, eine gute Lebensschule ist. Nicht das Individuum steht im Mittelpunkt, sondern die Mannschaft.
Danke Urban.
Wir wünschen dir und deiner Familie für die Zukunft alles Gute.
Bleibt gesund